Post Wittnau

Die Schweizer Post wurde im Jahre 1849 gegründet. 

Die Grundlage dazu legte ein Jahr zuvor die erste eidgenössische Bundesverfassung.

Artikel 33 bestimmte, dass das Postwesen "im ganzen Umfang der Eidgenossenschaft Bundessache" sei. 

Ab 1850 begann die Eidgenössische Post operativ zu wirken. 

An den "Titulierten Gemeinderath" adressiert, mit 10 Rp. frankiert und in Möhlin und Rheinfelden abgestempelt.  Damals (1852) hatte Wittnau noch keine eigene Post. Die Zustellung des Briefes erfolgte durch einen Postboten aus Frick.
An den "Titulierten Gemeinderath" adressiert, mit 10 Rp. frankiert und in Möhlin und Rheinfelden abgestempelt. Damals (1852) hatte Wittnau noch keine eigene Post. Die Zustellung des Briefes erfolgte durch einen Postboten aus Frick.

Nach 1850 wurden in vielen Gemeinden Postbüros eröffnet. Man unterschied zwischen vollwertigen Poststellen und nicht rechnungspflichtigen Postablagen. Am 1. Dezember 1854 erhielt Wittnau eine Postablage. Als erster Postablagehalter wurde der Landwirt und Gemeindeammann Josef Fricker eingesetzt. Die Post war in seiner Wohnstube untergebracht, in der Häuserzeile zwischen der Alten Post und dem Dorfplatz (Hauptstr. 48). Die Jahresbesoldung des Ablagehalters betrug Fr. 80.– .

 

Anfänglich bekam die Wittnauer Post – wie alle Ablagen – bloss einen Stabstempel (Balkenstempel). 

Eine der frühesten Verwendungen des Stabstempels "WITTNAU". Ein Brief, abgestempelt am 10. Dezember 1854. Die blaue Stempelfarbe wurde nur in den ersten Jahren eingesetzt.
Eine der frühesten Verwendungen des Stabstempels "WITTNAU". Ein Brief, abgestempelt am 10. Dezember 1854. Die blaue Stempelfarbe wurde nur in den ersten Jahren eingesetzt.
Ein Brieflein von Wittnau nach Ober-Herznach. Durchgangsstempel: Fingerhutstempel «FRIK». (12. März 1861)
Ein Brieflein von Wittnau nach Ober-Herznach. Durchgangsstempel: Fingerhutstempel «FRIK». (12. März 1861)
Der Stabstempel mit schwarzer Stempelfarbe, kurz vor der Einführung eines Rundstempels mit Datum. (2. Febr. 1867)
Der Stabstempel mit schwarzer Stempelfarbe, kurz vor der Einführung eines Rundstempels mit Datum. (2. Febr. 1867)

Im November 1867 erfuhr die Wittnauer Post eine Aufwertung. Von einer einfachen Postablage wurde sie zu einer vollwertigen Poststelle hochgestuft. In Wittnau aufgegebene Sendungen wurden nun nicht mehr mit dem einfachen Schriftzug abgestempelt, sondern mit einem Rundstempel mit Datum. 

Der bisherige Ablagehalter Josef Fricker wurde zum Posthalter befördert. Das bedeutete für ihn einerseits Mehrarbeit und grössere Verantwortung, aber auch eine Aufbesserung seines Lohns. Nun erhielt er einen Jahreslohn von Fr. 600.– .

Der erste Wittnauer Rundstempel mit Datum, ein so genannter Fingerhutstempel. (4. Febr. 1868)
Der erste Wittnauer Rundstempel mit Datum, ein so genannter Fingerhutstempel. (4. Febr. 1868)

1875 trat Josef Fricker im Alter von 79 Jahren als Posthalter zurück. 

Nachfolger wurde Josef Fricker, sein Sohn, geb. 1842. Er amtete bis 1910.


11. Februar 1875
11. Februar 1875

Der so genannte «Schweizerstempel», ein Zweikreisstempel mit Datumsbrücke und vertikalen Schraffen in den Kreissegmenten. Dieser Stempel kam ab 1873 zum Einsatz.

7. März 1906
7. März 1906

Die feinen Schraffen in den Kreissegmenten der Rundstempel machten manchmal Probleme. Sie waren nicht sehr leicht zu reinigen. Die Firma Güller in Hüttikon (ZH), die damals alle Poststempel produzierte, wechselte ab 1876 auf breitere Schraffen. Die meisten Poststellen erhielten noch vor 1900 einen neuen Stempel. In Wittnau wurde der alte Stempel noch bis 1906 benutzt. 


22. April 1907
22. April 1907
21. Dez. 1908
21. Dez. 1908


Als 1910 ein Nachfolger für den Posthalter Josef Fricker gesucht werden musste, ernannte die Behörde seinen 35-jährigen Schwiegersohn Hermann Fricker (aus der Verwandtschaft von "s Lehrers").

Hermann Fricker war damals gleichzeitig Witwer und Vater. Seine erste Gattin Hedwig, die Posthalterstochter, war 1908 bei der Geburt ihres Sohnes Karl gestorben. 1911 heiratete Hermann Fricker ein zweite Mal.

Weil das alte Postbüro zu klein wurde, liessen Josef und Hermann Fricker, Vater und Schwieger-sohn, durch die Firma Fricker & Stäuble, Frick, ein neues, stattliches Postgebäude bauen. Der Neubau kostete Fr. 25'000 .–, Architekt war der Aarauer Karl Schneider. 

Ausschntt aus einer Postkarte von 1913
Ausschntt aus einer Postkarte von 1913

1939 starb der Posthalter Hermann Fricker 64-jährig. Nachfolger wurde sein Sohn Karl.


10. Juli 1928
10. Juli 1928
7. Dezember 1949
7. Dezember 1949


In den 1950er-Jahren modernisierte die Post ihre Stempel. Die Schraffur wurde aufgegeben. 

Im oberen Kreissegment platzierte man nun ein Schweizerkreuz und unten die Nummer des Postkreises in römischen Ziffern (VI). Der Kantonsname blieb – vorläufig noch – erhalten.

Dieser neue Stempel kam 1957 ab dem 27. Juli auf der Wittnauer Poststelle zum Einsatz.

5. Okt. 1960
5. Okt. 1960

Als drittes Land weltweit – nach Deutschland und den USA – führte die Schweiz 1964 die Postleitzahlen ein. Dadurch wurde die Postsortierung stark vereinfacht. Nun war es nicht mehr notwendig, dass die Postangestellten sämtliche Ortschaften der ganzen Schweiz kannten.

Die Gemeinde Wittnau bekam die Zahl 5265 zugeteilt.

Selbstverständlich konnten nicht alle der über 5'000 Poststellen schweizweit gleichzeitig mit neuen Stempeln ausgerüstet werden. Der Wittnauer Postleitzahl-Stempel kam ab 20. Juni 1966 zum Einsatz. 

Weil nun die Postleitzahlen für die geografische Orientierung sorgten, liess man auf dem neuen Stempel den Kantonsnamen weg. Zur Postkreisnummer kam noch ein Kontrollbuchstabe dazu. 

1661
1661

Letzmals im Gebrauch: der Stempel ohne Uhrzeit.
Letzmals im Gebrauch: der Stempel ohne Uhrzeit.

 

 

Im April 1980 wurde dieser Poststempel ein weiteres Mal ersetzt. 

Am 21.4.1980  erhielt die Datum-Zeile noch zwei weitere Ziffern für die Uhrzeit.

 

Erstverwendung des Stempels mit Uhrzeit-Angabe
Erstverwendung des Stempels mit Uhrzeit-Angabe

30. Dez. 1991 (A-Stempel)
30. Dez. 1991 (A-Stempel)
10. Nov. 1988 (B-Stempel)
10. Nov. 1988 (B-Stempel)

Im November 1970 starb Karl Fricker 62-jährig an Krebs. Seine Gattin Rosmary Fricker - Jans wurde 1971 als Posthalterin und Briefträgerin gewählt. Sie arbeitete bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1979 auf der Post Wittnau. Mit ihrem Abschied ging die 125-jährige Post-Ära der Familie Fricker zu Ende. Ihre Nachfolger wurden Magda und Alois Amstad.


1985 baute die Familie Amstad  auf der gegenüberliegenden Seite der Hauptstrasse ein neues Postgebäude. 

Die neue Post (Foto: chb, Jan. 2007)
Die neue Post (Foto: chb, Jan. 2007)

Auf den 29. Mai 1995 erhielten die Gemeinden des oberen Fricktals eine neue Postleitzahl, weil die PTT in ihrer Transport- und Zustellorganisation eine grössere Umstrukturierung durchführte.

Wittnau bekam neu die Zahl 5064.  

23. Okt. 2000: PP-Stempel für vorfrankierte Massensendungen ("port payé")
23. Okt. 2000: PP-Stempel für vorfrankierte Massensendungen ("port payé")


Der Wittnauer Werbestempel wurde am 3. Juni 1995 anlässlich

des Bänkli-Festes der Öffentlichkeit präsentiert.


Nach 19 Jahren Posthaltertätigkeit ging das Ehepaar Alois und Magda Amstad Ende Juli 1998 in Pension. Ihr Nachfolger wurde Peter Oser.


Die Zeit in Wittnau dauerte für Peter Oser nicht ganz zweieinhalb Jahre. Auf Ende 2000 trat er als Posthalter zurück. In seine Fussstapfen traten Brigitte Müller-Schmid und Beatrice Küng.

Wenige Wochen vor der Schliessung besuchte eine Schulklasse die Post im Dorf. (Febr. 2008)
Wenige Wochen vor der Schliessung besuchte eine Schulklasse die Post im Dorf. (Febr. 2008)

Am Samstag, 7. Juni 2008 wurde die Poststelle Wittnau endgültig geschlossen. 

Am Montag darauf, am 9. Juni 2008, öffnete die Postagentur im Volg-Laden.


Zum letzten Mal in Gebrauch: der Wittnauer Werbestempel
Zum letzten Mal in Gebrauch: der Wittnauer Werbestempel


Quellen:  - Rosmary Brogli-Zimmermann: "Alte Post" , ein Vortrag aus dem Jahr 2007

               - div. Adlerauge-Ausgaben

               - Gebert / Vogt:  Poststellenchronik der Schweiz

               - Stempel-Bilder: Pierre Guinand / Sammlung chb

Einen herzlichen Dank an Pierre Guinand, Morges, und Giovanni Balimann, Küttigen, für ihre wertvollen Hinweise.