Die Schweizer Post wurde im Jahre 1849 gegründet.
Die Grundlage dazu legte ein Jahr zuvor die erste eidgenössische Bundesverfassung.
Artikel 33 bestimmte, dass das Postwesen "im ganzen Umfang der Eidgenossenschaft Bundessache" sei.
Ab 1850 begann die Eidgenössische Post operativ zu wirken.
Nach 1850 wurden in vielen Gemeinden Postbüros eröffnet. Man unterschied zwischen vollwertigen Poststellen und nicht rechnungspflichtigen Postablagen. Am 1. Dezember 1854 erhielt Wittnau eine Postablage. Als erster Postablagehalter wurde der Landwirt und Gemeindeammann Josef Fricker eingesetzt. Die Post war in seiner Wohnstube untergebracht, in der Häuserzeile zwischen der Alten Post und dem Dorfplatz (Hauptstr. 48). Die Jahresbesoldung des Ablagehalters betrug Fr. 80.– .
Anfänglich bekam die Wittnauer Post – wie alle Ablagen – bloss einen Stabstempel (Balkenstempel).
Im November 1867 erfuhr die Wittnauer Post eine Aufwertung. Von einer einfachen Postablage wurde sie zu einer vollwertigen Poststelle hochgestuft. In Wittnau aufgegebene Sendungen wurden nun nicht mehr mit dem einfachen Schriftzug abgestempelt, sondern mit einem Rundstempel mit Datum.
Der bisherige Ablagehalter Josef Fricker wurde zum Posthalter befördert. Das bedeutete für ihn einerseits Mehrarbeit und grössere Verantwortung, aber auch eine Aufbesserung seines Lohns. Nun erhielt er einen Jahreslohn von Fr. 600.– .
1875 trat Josef Fricker im Alter von 79 Jahren als Posthalter zurück.
Nachfolger wurde Josef Fricker, sein Sohn, geb. 1842. Er amtete bis 1910.
Der so genannte «Schweizerstempel», ein Zweikreisstempel mit Datumsbrücke und vertikalen Schraffen in den Kreissegmenten. Dieser Stempel kam ab 1873 zum Einsatz.
Die feinen Schraffen in den Kreissegmenten der Rundstempel machten manchmal Probleme. Sie waren nicht sehr leicht zu reinigen. Die Firma Güller in Hüttikon (ZH), die damals alle Poststempel produzierte, wechselte ab 1876 auf breitere Schraffen. Die meisten Poststellen erhielten noch vor 1900 einen neuen Stempel. In Wittnau wurde der alte Stempel noch bis 1906 benutzt.
Als 1910 ein Nachfolger für den Posthalter Josef Fricker gesucht werden musste, ernannte die Behörde seinen 35-jährigen Schwiegersohn Hermann Fricker (aus der Verwandtschaft von "s Lehrers").
Hermann Fricker war damals gleichzeitig Witwer und Vater. Seine erste Gattin Hedwig, die Posthalterstochter, war 1908 bei der Geburt ihres Sohnes Karl gestorben. 1911 heiratete Hermann Fricker ein zweite Mal.
Weil das alte Postbüro zu klein wurde, liessen Josef und Hermann Fricker, Vater und Schwieger-sohn, durch die Firma Fricker & Stäuble, Frick, ein neues, stattliches Postgebäude bauen. Der Neubau kostete Fr. 25'000 .–, Architekt war der Aarauer Karl Schneider.
1939 starb der Posthalter Hermann Fricker 64-jährig. Nachfolger wurde sein Sohn Karl.
In den 1950er-Jahren modernisierte die Post ihre Stempel. Die Schraffur wurde aufgegeben.
Im oberen Kreissegment platzierte man nun ein Schweizerkreuz und unten die Nummer des Postkreises in römischen Ziffern (VI). Der Kantonsname blieb – vorläufig noch – erhalten.
Dieser neue Stempel kam 1957 ab dem 27. Juli auf der Wittnauer Poststelle zum Einsatz.
Als drittes Land weltweit – nach Deutschland und den USA – führte die Schweiz 1964 die Postleitzahlen ein. Dadurch wurde die Postsortierung stark vereinfacht. Nun war es nicht mehr notwendig, dass die Postangestellten sämtliche Ortschaften der ganzen Schweiz kannten.
Die Gemeinde Wittnau bekam die Zahl 5265 zugeteilt.
Selbstverständlich konnten nicht alle der über 5'000 Poststellen schweizweit gleichzeitig mit neuen Stempeln ausgerüstet werden. Der Wittnauer Postleitzahl-Stempel kam ab 20. Juni 1966 zum Einsatz.
Weil nun die Postleitzahlen für die geografische Orientierung sorgten, liess man auf dem neuen Stempel den Kantonsnamen weg. Zur Postkreisnummer kam noch ein Kontrollbuchstabe dazu.
Im April 1980 wurde dieser Poststempel ein weiteres Mal ersetzt.
Am 21.4.1980 erhielt die Datum-Zeile noch zwei weitere Ziffern für die Uhrzeit.
Im November 1970 starb Karl Fricker 62-jährig an Krebs. Seine Gattin Rosmary Fricker - Jans wurde 1971 als Posthalterin und Briefträgerin gewählt. Sie arbeitete bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1979 auf der Post Wittnau. Mit ihrem Abschied ging die 125-jährige Post-Ära der Familie Fricker zu Ende. Ihre Nachfolger wurden Magda und Alois Amstad.
1985 baute die Familie Amstad auf der gegenüberliegenden Seite der Hauptstrasse ein neues Postgebäude.
Auf den 29. Mai 1995 erhielten die Gemeinden des oberen Fricktals eine neue Postleitzahl, weil die PTT in ihrer Transport- und Zustellorganisation eine grössere Umstrukturierung durchführte.
Wittnau bekam neu die Zahl 5064.
Der Wittnauer Werbestempel wurde am 3. Juni 1995 anlässlich
des Bänkli-Festes der Öffentlichkeit präsentiert.
Nach 19 Jahren Posthaltertätigkeit ging das Ehepaar Alois und Magda Amstad Ende Juli 1998 in Pension. Ihr Nachfolger wurde Peter Oser.
Die Zeit in Wittnau dauerte für Peter Oser nicht ganz zweieinhalb Jahre. Auf Ende 2000 trat er als Posthalter zurück. In seine Fussstapfen traten Brigitte Müller-Schmid und Beatrice Küng.
Am Samstag, 7. Juni 2008 wurde die Poststelle Wittnau endgültig geschlossen.
Am Montag darauf, am 9. Juni 2008, öffnete die Postagentur im Volg-Laden.
Quellen: - Rosmary Brogli-Zimmermann: "Alte Post" , ein Vortrag aus dem Jahr 2007
- div. Adlerauge-Ausgaben
- Gebert / Vogt: Poststellenchronik der Schweiz
- Stempel-Bilder: Pierre Guinand / Sammlung chb
Einen herzlichen Dank an Pierre Guinand, Morges, und Giovanni Balimann, Küttigen, für ihre wertvollen Hinweise.