Einst war Wittnau stolz darauf, ein Posamenterdorf zu sein. Obgleich die Heimarbeit am Bandwebstuhl eher schlecht als recht bezahlt war – an einem ganzen Tag mit 12 Arbeitsstunden waren das rund 6 Fr. – arbeiteten viele Frauen und Männer für die Seidenbandproduktion. In den Wittnauer Stuben klapperten insgesamt rund 130 Webstühle. In manchen Familien wurde gleichzeitig an zwei oder drei Stühlen gewoben.
Die meisten Wittnauer Posamenter waren - gemeinsam mit solchen aus Wölflinswil, Oberhof und Schupfart - zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen. Die Wittnauer Posamentergenossenschaft gehörte ihrerseits dem Posamenter-Verband Baselland und Umgebung an. Viel Positives erreichte der Verband, Regelung der Arbeitszeiten, Lohnerhöhungen und Übertragung der Transportkosten (Botenlöhne) an die Seidenfabrikanten. In einem Punkt aber verspekulierte sich der Verband arg: Durch den Betrieb einer verbandseigenen Bandfabrik in Ittigen BL hoffte man Gewinne abschöpfen zu können. Anfänglich schien die Idee der "Eigenproduktion" erfolgreich. Doch aus verschiedenen Gründen scheiterte das Unternehmen. Zu Beginn des Jahres 1922 musste der Konkurs angemeldet werden. Über 470'000 Fr. betrugen die ungedeckten Schulden des Verbandes. Die ins Leben gerufene Liquidationskommission verpflichtete die Genossenschafter zur Zahlung von Beträgen zwischen 50 Fr. und 200 Fr.
In diesem Zusammenhang sind die unten abgebildeten Schreiben zu verstehen. Der Wittnauer Gemeindeammann Gustav Tschudi und der Gemeindeschreiber Alfred Rüetschi legten je mit einem Schreiben an die Liquidationskommission für einzelne verarmte Posamenter ein gutes Wort ein.
(Mit einem Klick können die Briefe vergrössert dargestellt werden.)